15. Januar 2016
Der Mensch ist frei, meinend oder handelnd, seine Stellung in der Welt einzunehmen und sich zu Menschen und Aufgaben, zu Ereignissen und zu seinem Selbst zu positionieren. Er tut dies auf der Grundlage von überindividuellen Werten. Diese Werte sind der Maßstab, der es möglich macht, sich in der Welt und zu ihr in einer stimmigen Weise zu verhalten. Die Gültigkeit von Werten ist nicht davon abhängig, ob der Mensch sie anerkennt und nach ihnen lebt. Wenn einem Menschen die Wertorientierung verloren gegangen ist, gilt:“ ….aber so wie die Sonne auch weiterexistiert, wenn wir sie momentan nicht sehen, existieren die Werte fort, auch wenn ein durch die Depression wertblind gewordener Mensch ihrer momentan nicht ansichtig ist.“ (Viktor Frankl, Ärztliche Seelsorge, S, 142)
Im Strom sich ständig verändernder Lebenssituationen muss sich der Mensch an den jeweils situativ passenden Werten orientieren. Als Kern bleibt die Forderung, sich selbst treu zu bleiben und auf sein Gewissen zu hören im Fall eines Wertekonfliktes: „Soll dann die Wahl nicht willkürlich getroffen werden, so ist er wieder aufs Gewissen zurückgeworfen und angewiesen – auf das Gewissen, das allein es ausmacht, dass er frei aber nicht willkürlich, sondern verantwortlich eine Entscheidung trifft.“(a.a.O., S.90)
Frankl beschreibt drei große Wertlandschaften: die schöpferischen Gestaltungswerte, die aufnehmenden Erlebniswerte und die hinnehmenden Einstellungswerte. In unterschiedlichen Lebenslagen stellen sich jeweils andere Aufgaben und entsprechend sind andere Werte relevant: „Von Stunde zu Stunde wechselt im Leben die Gelegenheit einer Zuwendung bald zu dieser, bald zu jener Wertegruppe“ (a.a.O, S.93)